Humboldt-Stipendiaten in Erlangen


Der erste Kontakt kommt über E-mail zu Stande


Die Alexander-von Humboldt Stiftung vergibt jährlich bis zu 500 Stipendien und Forschungspreise an ausländische Wissenschaftler. Sie erhalten damit die Möglichkeit, ihre Forschungsvorhaben an deutschen Hochschulen voranzubringen. An der Universität Erlangen-Nürnberg halten sich gegenwärtig 14 Preisträger und Stipendiaten der Alexander-von-Humboldt-Stiftung auf, 16 weitere werden zum Sommersemester 2001 folgen. Zwei von ihnen, den Chemiker Prof. Dr. Thomas Swaddle und die Sprachwissenschaftlerin Dr. Natalia Pimenova, stellt Antje Ludewig, Praktikantin im Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit der Universität Erlangen-Nürnberg, im folgenden Beitrag vor.
 
Seit Mitte Februar 2001 ist Prof. Thomas Swaddle am Lehrstuhl für Anorganische und Analytische Chemie (Prof. Dr. Rudi van Eldik) in Erlangen tätig. Der Professor an der University of Calgary in Kanada hat seine Lehrtätigkeit unterbrochen, um gemeinsam mit Prof. Dr. Rudi van Eldik an der Aufklärung anorganischer Reaktionsmechanismen unter hohen Drücken zu forschen. Für seine bisherigen wissenschaftlichen Leistungen auf diesem Gebiet ist Prof. Swaddle von der Humboldt-Stiftung mit dem Humboldt-Forschungspreis ausgezeichnet worden. Für alle Preisträger ist damit die Einladung verbunden, an einer deutschen Hochschule seiner Wahl zu arbeiten. Für den Forschungspreis vorgeschlagen hat ihn Prof. van Eldik, mit dem er über das Arbeitsgebiet schon seit Jahrzehnten verbunden ist. In den achtziger Jahren haben sie sich an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt kennengelernt, wo sie Schulter an Schulter im Labor arbeiteten. Über Jahre hinweg haben sie den Kontakt aufrecht erhalten und krönen die gemeinsame Forschungsarbeit jetzt mit dem Aufenthalt von Prof. Swaddle in Erlangen.
 
Durch ein "sabbatical leave" seiner Heimatuniversität hat Prof. Swaddle die Möglichkeit, eine längere Zeit im Ausland zu arbeiten. Vorerst sechs Monate wird er in Erlangen verbringen. Drei weitere Monate sollen im kommenden Jahr folgen. Für die Wahl von Erlangen als Forschungsort waren jedoch nicht nur persönliche Gründe ausschlaggebend. "Die technische Ausrüstung ist hervorragend", erklärt Prof. Swaddle und fügt hinzu: "Hier stehen die notwendigen Geräte zur Verfügung, die ich zur Definition der Reaktionsmechanismen benötige." Mit den Ergebnissen hoffen die beiden Wissenschaftler, anorganische Reaktionsabläufe beschreiben und damit auch gezielter lenken zu können. Auch neun Monate sind hierfür nur eine kurze Zeitspanne. "Kleine Erfolge zählen", gibt sich Prof. Swaddle realistisch.
 
Für Prof. van Eldik ist die Anwesenheit des Fachkollegen an seinem Lehrstuhl "ein echter Glücksfall." Er schätzt die Erfahrungen und den Austausch und vor allem den frischen Wind, der in die Forschung kommt: "Die gemeinsamen Veröffentlichungen sind ein Beweis für die Fruchtbarkeit solcher Kooperationen."
 
Mit der Humboldt-Stiftung hat der gebürtige Südafrikaner van Eldik selbst beste Erfahrungen. Sie ermöglichte ihm 1977 den ersten Forschungsaufenthalt in Frankfurt. Die Betreuung von Stipendiaten und Preisträger ist daher für den Erlanger Professor eine Selbstverständlichkeit. Sie alle sind, wie Prof. Swaddle, voll in die Lehrstuhlarbeit integriert. Im Rahmen des wöchentlichen Seminars der Arbeitsgruppe von Prof. van Eldik stellte der Kanadier seine Forschungsarbeiten bereits ausführlich vor. Voll des Lobes ist er über die Seminaratmosphäre: "Die Diskussion, glücklicherweise in meiner Muttersprache Englisch, war überaus anregend und konstruktiv. Ich habe viele neue Ideen und Lösungsansätze für meine Probleme erhalten."
 
Anregend findet auch Dr. Natalia Pimenova ihr Arbeitsumfeld in der Erlanger Universitätsbibliothek: Bücher, wohin das Auge blickt. Die Sprachwissenschaftlerin aus Moskau ist bereits seit März 2000, ausgestattet mit einem Humboldtstipendium, in der Hugenottenstadt. Den Kontakt mit ihrem Erlanger Betreuer, Prof. Dr. Horst Haider Munske, Lehrstuhlinhaber für Germanische und Deutsche Sprachwissenschaft und Mundartkunde, hatte sie ein Jahr zuvor per E-mail aufgenommen. Via Internet hatte sich die Spezialistin für Wortbildung über sprachwissenschaftliche Lehrstühle in Deutschland informiert. Die rege Forschungstätigkeit von Prof. Munske und seinen Mitarbeitern auf diesem Gebiet hat schließlich den Ausschlag für Erlangen gegeben. In einer E-mail stellte Dr. Pimenova ihr Projekt Prof. Dr. Munske vor und bat ihn um eine Stellungnahme. "Das Wortbildungsprojekt passt sehr gut zum Profil meines Lehrstuhls", erläutert Prof. Munske, "daher war ich gerne bereit, die Betreuung von Dr. Pimenova zu übernehmen."
 
Bieten kann er ihr neben der Beratung und dem intensiven Austausch im Gespräch auch die Teilnahme an den wöchentlichen Seminaren des Erlanger Studienschwerpunktes "Europäische Linguistik". Dort hat Dr. Pimenova ihre Arbeitsergebnisse zur "Diachronen Betrachtung von inhaltsbezogenen Wortbildungsmodellen am Beispiel altgermanischer suffixaler Abstracta" ebenso vorgestellt wie auf der von Prof. Munske im Herbst 2000 veranstalteten DFG-Tagung "Historische Wortbildung des Deutschen" in Erlangen. Auch ein Aufsatz mit ersten Teilergebnissen ist in einer deutschen Fachzeitschrift bereits erschienen. Die fertige Arbeit wird Dr. Pimenova an ihrer Heimatuniversität als Habilitationsschrift einreichen. Daher ist sie froh über die Verlängerung des Stipendiums um weitere sechs Monate: "So kann ich die Arbeit noch in Erlangen abschliessen." Bei 18 Stunden Vorlesungszeit bleibt ihr in Moskau nur begrenzte Zeit zur Forschung. Die Alltagsprobleme tun ein Übriges. "Außerdem sind die germanistischen Bibliotheken nicht zu vergleichen", erzählt sie weiter. "Zuhaus erfahre ich oft erst drei Jahre nach dem Erscheinen von der Existenz eines Buches".
 
Wichtige Erfahrungen für die Lehrtätigkeit an der Pädagogischen Hochschule in Moskau sammelt die Sprachwissenschaftlerin, aber auch abseits der Universität im Alltag oder auf gelegentlichen Fahrten zu Kongressen und Tagungen. Eine neue wichtige Erfahrung hat sie im Vergleich zu ihren früheren, nur wenige Monate währenden Aufenthalten gemacht: "Mein Bild vom ständig arbeitenden Deutschen konnte ich zum Glück revidieren."
 
Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung
Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung (AvH) ist eine gemeinnützige Stiftung zur Förderung der internationalen Forschungskooperation. Sie ermöglicht hoch qualifizierten ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern langfristige Forschungsaufenthalte in Deutschland und unterstützt die sich daraus ergebenden wissenschaftlichen und kulturellen Verbindungen.
 
Benannt nach dem Naturforscher, Kosmopoliten, Forschungsreisenden und Mäzen Alexander von Humboldt, wurde die Stiftung 1860, ein Jahr nach dessen Tod, gegründet. Ziel war es damals, Forschungsreisen deutscher Wissenschaftler zu unterstützen. Ab 1925 förderte sie ausländische Wissenschaftler und Doktoranden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die AvH am 10. Dezember 1953 auf Anregung ehemalger Humboldt-Gastwissenschaftler neu gegründet. Seitdem wurden über 20.000 Wissenschaftler aus 130 Länder gefördert.
 
Jährlich werden von der AvH bis zu 150 Humboldt-Forschungspreise an international anerkannte ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben. Mit der Preisverleihung wird die wissenschaftliche Lebensleistung der Preisträger gewürdigt. Sie werden zusätzlich eingeladen, selbstgewählte Forschungsvorhaben in Deutschland in Kooperation mit deutschen Fachkolleginnen und -kollegen für einen Zeitraum von einem halben bis zu einem ganzen Jahr durchzuführen. Die Preise sind mit bis zu 150.000 DM dotiert.
 
An promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Nationen und aller Fachgebiete werden pro Jahr etwa 500 Forschungsstipendien vergeben.Der Bewerber wählt sein Forschungsvorhaben und seinen deutschen Gastgeber selbst. Einzelheiten des Forschungsprojekts und die zeitliche Planung müssen vor der Antragstellung mit dem vorgesehenen Gastgeber abgesprochen werden.
 
Humboldt-Stipendiaten an der Universität Erlangen-Nürnberg
· Dr. Amitava Datta,
Jadavpur University, Indien, am Lehrstuhl für Technische Thermodynamik, Prof. Dr.-Ing. Alfred Leipertz, von Dez. 00 - Nov. 01.
· Prof. Dr. Mohamed S.A. Hamza, Ain Shams University, Ägypten, am Institut für Anorganische Chemie, Prof. Dr. Rudi van Eldik, von Jan. 01 - Dez. 01.
· Dr. K Geevarghes Hanson, Birla Institute of Scientific Research, Indien, am Lehrstuhl für Mikrobiologie, Prof. Dr. Wolfgang Hillen, von Sept. 99 - Mai 01.
· Dr Yu-Ying He, Chinesische Akademie der Wissenschaften, am Institut für Botanik und Pharmazeutische Biologie, Prof. Dr. Donat-P. Häder, von Nov. 00 - Okt. 01.
· Prof. Dr. Viktor Khorenko, Russische Akademie der Wissenschaften, am Institut für Technische Physik, Prof. Dr. Gottfried Döhler, von Okt. 99 - Juni 01.
· Dr. Annick Louis, Frankreich, am Institut für Romanistik, PD Dr. Roland Spiller, von Nov. 00 - Okt. 01.
· Dr. Natalia Pimenova, Staatliche Pädagogische Hochschule Moskau, Russland, am Institut für Germanistik, Prof. Dr. Horst Haider Munske, von März 00 - -Aug. 01.
· Prof. Dr. Mario Piris, Istituto Superior de Ciencias y Technologia Nucleares, Kuba, am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie, Prof. Dr. Peter Otto, von Febr. 01 - Juli 01 und von Febr. 02 - Juli 02.
· Dr. Zoran Ren, Universität Maribor, Slowenien, am Lehrstuhl für Technische Mechanik, Prof. Dr. Günther Kuhn, von April 00 - März 01.
· Dr. Gabriela Stößel, Jagiellonische Universität Krakau, Polen, am Physikalischen Institut, Lehrstuhl Optik, Prof. Dr. Gerd Leuchs, von Aug. 99 - März 01.
· Prof. Dr. Thomas Wilson Swaddle, University of Calgary, Kanada, am Institut für Anorganische Chemie, Prof. Dr. Rudi van Eldik, von Febr. 01 - Juli 01.
· Dr. Manuella Greta Vincter, University of Alberta, Kanada, am Physikalischen Institut II, Prof. Dr. Klaus Rith, Prof. Dr. Erhard Steffens, von Febr. 01 - Jan. 02.
· Dr. Ai-Xia Yan, Lanzhou University, China, am Computer-Chemie-Centrum, Prof. Dr. Johann Gasteiger von Jan. 01 - Dez. 01.
· Dr. Dimitry Alexandrowich Zimin, Tomsk State University, Russische Föderation, am Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Recycling, Prof. Dr. Thomas Neeße, von Okt. 00 - Sept. 01.

Mediendienst Aktuell Nr. 2316 vom 19.3.2001

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