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- "Erlanger Orientierungszähnchen"
bringen Transplantat in die richtige Lage
Paßgenaue Laserschnitte in die Hornhaut
des Auges
- Zwei Probleme beeinträchtigen hauptsächlich
die Zufriedenheit von Chirurgen und Patienten im Verlauf nach
erfolgreichen Hornhautverpflanzungen im Auge: die immunologische
Abwehrreaktion, die zur Eintrübung des an sich klaren Transplantats
führen kann, und eine Hornhautverkrümmung, die teilweise
durch den Eingriff bedingt ist, aber erst nach der Entfernung
der Fäden voll zu Tage tritt. An der Augenklinik der Universität
Erlangen-Nürnberg hat eine Arbeitsgruppe sich des zweiten
Problems angenommen und eine Möglichkeit gefunden, die als
Restastigmatismus bekannte Verkrümmung auf ein minimales
Maß herunterzuschrauben. Mittels Punktlaser werden Spenderhornhaut
und Empfängerauge in einem weltweit einzigartigen Verfahren
so aufeinander zugeschnitten, dass sie optimal zusammenpassen.
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- Bei mehr als 900 Patienten wurde seit 1989
in Erlangen die "Nichtmechanische Trepanation mit dem Excimerlaser"
in der Hornhaut- oder Corneatransplantation mit Erfolg angewendet,
wobei das ursprüngliche Verfahren immer mehr verfeinert
wurde. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass nicht
nur der Astigmatismus nach der Operation sehr viel geringer ausgeprägt
ist als beim Einsatz konventioneller Methoden; es erwies sich
auch, dass die Laser-Trepanation das Auge weniger reizt als Schnitte
mit Messern, dass keine ungewollten Schäden verursacht werden
und dass die immunologische Reaktion nicht stärker ist als
bei üblichen Vorgehensweisen. Die Erlanger Augenmediziner
arbeiten nun daran, kleinere, kostengünstigere und einfacher
zu handhabende Lasergeräte so zu modifizieren, dass sie
für ihre Zwecke genutzt werden können. Gelingt dies,
könnte das Verfahren weite Verbreitung finden.
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- Seit 1905, als die erste durchgreifende Hornhautverpflanzung
am Menschen durchgeführt wurde, hat sich am Prinzip bis
heute wenig verändert. Nach wie vor ist ein metallisches
Rundmesser das Instrument, mit dem die sogenannte Trepanation
der Hornhaut durchgeführt wird. Die trübe oder verformte
Hornhaut des Patienten wird damit ebenso herausgeschnitten wie
ein entsprechendes Spenderscheibchen aus dem Auge eines Verstorbenen.
Hierfür kommen Verstorbene jeden Alters bis zu 48 Stunden
nach Eintritt des Todes in Frage. Konventionell enthält
man das Transplantat, indem ein Corneoskleralscheibchen - die
Spender-Hornhaut mit einem Ring aus Lederhaut - auf einen Stanzblock
mit konkaver Öffnung gelegt und dann die Hornhaut mit einem
Rundmesser von der Innenseite (endothelial) herausgestanzt wird.
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- Wenn die verwendeten Messer auch sehr scharf
geschliffen sind, ist mechanisches Schneiden ohne Druck doch
nicht möglich. Es kommt zu Verformungen am Transplantat
und im Auge des Patienten; strikt kreisrunde Schnitte können
so nicht erreicht werden. Deshalb kann es auf der einen Seite
zu Stauchungen, auf der anderen Seite zu Zerrungen kommen, wenn
das Spendergewebe eingenäht wird. Außerdem können
traditionelle Verfahren keine senkrechten Schnittkanten gewährleisten.
Die Kanten bei Patient und Spender unterscheiden sich also, und
diese nicht exakt paßgenauen Schnittkanten müssen
durch Nähte aneinandergezogen werden. Dies speichert Kräfte
in der Hornhaut, die nach der Entfernung der Fäden freigesetzt
werden, was wegen der langsamen Wundheilung in gefäßfreiem
Gewebe erst ein Jahr nach dem Eingriff geschehen kann. Die Verkrümmung,
die dadurch entsteht, kann signifikant höher sein als der
durch die Nähte verursachte Astigmatismus, die Sehkraft
der Patienten kann sich so deutlich vermindern.
An der Erlanger Augenklinik wird das Transplantat mit Hilfe einer
künstlichen Vorderkammer gewonnen, einer metallischen Vorrichtung,
in der Druck aufgebaut wird, so dass von der Außenseite
(epithelial) geschnitten werden kann. Senkrechte Schnittkanten
werden mittels einer Metallmaske auf der obersten Zellschicht
des Corneoskleralscheibchens erreicht, an deren Außenkante
ein punktförmiger Laserstrahl (Repetitionsrate von 25 pro
Sekunde, Pulsenergie 18 mJ) mit einem Joystick entlanggeführt
wird. Der Punktlaser trägt kontinuierlich so lange Hornhautgewebe
ab, bis das von der Maske geschützte Transplantat komplett
herausgeschnitten ist. Entsprechend wird beim Patienten mit einer
Empfängermaske verfahren, wobei der Laser an der Innenseite
entlang gelenkt wird.
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- Die Verwendung der Masken ermöglicht
ein Spezifikum, das als "Erlanger Orientierungszähnchen"
bezeichnet wird. Acht Zähnchen nach außen beim Spender,
acht korrespondierende Kerben beim Patienten markieren nach dem
Schlüssel-Schloss-Prinzip, wo die ersten acht radiären
Nähte eingesetzt werden müssen. So ist garantiert,
dass das Spendergewebe homogen mit einer Symmetrie von 360°
verteilt ist. Genäht wird mit 10 x 0 Nylon, einem äußerst
feinen Faden. Stauchungen und Zerrungen wie auch das Zusammenziehen
inkongruenter Kanten sind auf diese Weise zu vermeiden.
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- Eine prospektive randomisierte Studie - die
Hälfte der Patienten wurde mit dem Laser-Trepan operiert,
die andere mit einem metallischen Rundmesser - hat ergeben, dass
die Hornhautverkrümmung in beiden Fällen vergleichbar
ist, solange die Fäden im Auge bleiben. Dieser kurzfristig
auftretende Astigmatismus trägt wohl eher die "Handschrift"
des Mikrochirurgen. Sind die Fäden jedoch entfernt, entladen
sich die gespeicherten Kräfte. Bei mechanischen Trepanationen
wird dann die Verkrümmung deutlich stärker. Bei der
Laser-Trepanation verminderte sich jedoch in zwei Dritteln der
Fälle die vorher feststellbare Krümmung, und nur 3
Dioptrien Restastigmatismus verblieben im Mittel. Damit erwies
sich der Unterschied als hoch signifikant. Die Laser-Trepanation
sichert die Sehkraft der Patienten in unverkennbar höherem
Maße.
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- Zu den Ergebnissen zählte weiter, dass
der Reizzustand des Auges, der nach einer Hornhautverpflanzung
unvermeidlich eintritt, in den ersten sechs Wochen nach einer
Laser-Trepanation weit geringer ist als nach konventioneller
Vorgehensweise. Die Befürchtung, UV-Licht könne vermehrt
Graue Stare (Katarakt) induzieren, bestätigte sich nicht.
Ebensowenig schädigen die Schockwellen der im Nanosekundenbereich
liegenden Laserpulse das Endothel, die Pumpzellschicht an der
Hornhautrückfläche, der für die Klarheit eines
Transplantats eine wichtige Rolle zukommt. In der Immunreaktion
waren keine Unterschiede zwischen beiden Methoden festzustellen.
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- Da Excimerlaser viel Raum einnehmen, aufwendig
in der Handhabung sind und Umlenkspiegel enthalten, die leicht
Schaden nehmen, strebt die Erlanger Arbeitsgruppe an, einen Infrarot-Festkörper-Laser,
beispielsweise einen Erbium YAG-Laser, für ihr Verfahren
zu verwenden, um diese Nachteile zu vermeiden. Die Qualität
der Schnitte solcher Laser reicht jedoch derzeit noch nicht aus.
Es wird deshalb versucht, die Laserparameter, also die Pulsenergie,
die Repetitionsrate und die Länge der Pulse, entsprechend
zu modifizieren. Die Chancen stehen gut, dass die neuartige Operationsmethode
in absehbarer Zeit weltweit in vielen Fällen eingesetzt
werden kann, wenn die Hornhaut des Auges ausgetauscht werden
muß, um die Sehfähigkeit von Menschen zu erhalten.
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- Kontakt:
PD Dr. med. Berthold Seitz, Oberarzt
Augenklinik mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg,
Schwabachanlage 6
91054 Erlangen, Telefon: 09131/85 -34477, Fax: 09131/85 -34436
E-Mail: berthold.seitz@augen.imed.uni-erlangen.de
- Mediendienst FORSCHUNG Nr. 588 vom 07.02.2001
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