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Nürnberg-Barometer 2010

Forschende der FAU untersuchen das Stimmungsbild der Stadt

Die Nürnberger leben gern in ihrer Stadt. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Lehrstuhls für Soziologie und Empirische Sozialforschung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Im Juli 2010 befragten rund 100 Studierende 1004 Nürnbergerinnen und Nürnberger. „Der Zeitpunkt war günstig“, erklärt Dr. Reinhard Wittenberg, der die Befragung leitete. „Die letzte Kommunalwahl liegt drei Jahre zurück, bis zur nächsten gehen noch drei Jahre ins Land – ideal, um zwischen den Wahlen gänzlich ohne Wahlkampfgeplänkel der Parteien zu schauen, was den Nürnbergern auf den Nägeln brennt.“

Genau 94 Prozent der Nürnberger gaben im Interview an, sich in ihrer Stadt wohl oder sogar sehr wohl zu fühlen. Und fast alle erzählen auch unterwegs gern, dass sie aus Nürnberg kommen – und zwar im Inland wie im Ausland. Dennoch gibt es genügend Themen, die den Bürgern Sorgen bereiten. Dazu zählen, neben der Arbeitslosigkeit, insbesondere die städtische Finanzlage, die Kriminalität, die Familienfreundlichkeit, die Zuwanderer und der Nahverkehr. „Bemerkenswert ist, dass fast 40 Prozent der Wahlberechtigten bezweifeln, dass irgendeine politische Partei die Kompetenz zur Lösung dieser und anderer städtischer Probleme hat“, sagt Wittenberg.

Umstritten sind die Nürnberger Verkehrsprojekte. Die Umfrage konnte in der Bevölkerung klare Präferenzen ausmachen: Der Ausbau des Frankenschnellwegs steht an erster Stelle, die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs an zweiter, die Förderung des Fahrradverkehrs an dritter, die Förderung des privaten PKW-Verkehrs an vierter und schließlich die so genannte „Nordspange“, die Anbindung des Flughafens an die Autobahn, an fünfter und letzter Stelle: Sie findet bei nur acht Prozent der Bevölkerung Unterstützung.

Danach befragt, in welche Instanzen, wie zum Beispiel die Nürnberger Parteien und Politiker, Stadtrat und Stadtverwaltung, Evangelische und Katholische Kirche, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, die Bürgerinnen und Bürger das größte Vertrauen haben, nannte eine deutliche Mehrheit die Polizei: Ihr sprachen drei Viertel der Einwohnerschaft (sehr) großes Vertrauen aus. Mit Abstand folgen Presse und Stadtverwaltung auf den Plätzen zwei und drei. Politiker, Parteien und die Katholische Kirche liegen am Ende der Rangskala, wobei 30 Prozent der Befragten der Katholischen Kirche „keinerlei“ Vertrauen entgegenbringen.

Ein weiterer Schwerpunkt der Umfrage liegt auf der empfundenen sozialen Gerechtigkeit in Nürnberg. In diesem Zusammenhang sind sich die Befragten weitgehend einig darüber, dass die Ausgabe des „Nürnberg-Passes“ gerechtfertigt ist: 93 Prozent stimmen dem zu, 87 Prozent sind dafür, die Berechtigtengruppe um ärmere Jugendliche und Rentner zu erweitern.

Befragt nach Reformen im Bildungswesen, sprachen sich 73 Prozent dafür aus, den Zeitpunkt des Übertritts von der Grundschule zur Haupt- oder Realschule bzw. zum Gymnasium zu verschieben. 71 Prozent stimmten für die Einführung der flächendeckenden schulischen Ganztagsbetreuung. Selbst die Wähler der CSU sind mit 60 und 63 Prozent mehrheitlich für diese Reformen. Uneinig ist man sich in der Bevölkerung über die Abschaffung der Hauptschule und die Einführung eines zweigliedrigen Schulsystems: 44 Prozent aller Nürnberger Einwohner halten davon viel, 27 Prozent wenig und 29 Prozent gar nichts. Auch hier sind CSU-Anhänger tendenziell eher geneigt, das bestehende System beizubehalten.

Die Themen Sperrstunde und Alkoholverkauf an Tankstellen werden in diesen Tagen wieder heiß diskutiert. Auch dazu haben die Forschenden im Juli 2010 Fragen gestellt – und folgende Antworten bekommen: Für die Vorverlegung der Sperrstunde im Hinblick auf die Verbesserung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Nürnberg spricht sich ein knappes Viertel aus, für das Verbot des Alkoholverkaufs in Tankstellen nach 22 Uhr sind fast 60 Prozent der Untersuchungsteilnehmer.

Wenn im Juli 2010 Stadtratswahlen gewesen wären, hätten Bündnis 90/Die Grünen im Vergleich zur Kommunalwahl 2008 erheblich an Stimmen gewonnen. Die SPD hätte ihren Stimmenanteil behauptet, die CSU deutlich an Stimmen verloren. Die Piratenpartei hätte eine gute Chance gehabt, in den Stadtrat einzuziehen. Auch FDP und die Nürnberger Linke Liste wären, wenn auch mit Stimmverlusten, dort vertreten. Bekanntester Lokalpolitiker ist einmal mehr Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly (SPD). Der CSU-Bezirksvorsitzende Dr. Markus Söder (CSU) folgt ihm dichtauf, der 3. Bürgermeister Dr. Klemens Gsell (CSU) schon mit etwas größerem Abstand.

Die ausführlichen Ergebnisse der Umfrage gibt es online unter:

www.soziologie.wiso.uni-erlangen.de/publikationen/a-u-d-papiere/a_11-02.pdf

Weitere Informationen für die Medien:

Dr. Reinhard Wittenberg

Tel.: 0911/5302-699

reinhard.wittenberg@wiso.uni-erlangen.de

uni | mediendienst | aktuell Nr. 31/2011 vom 10.2.2011

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