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Auf Umwegen zum Beruf

Forscher untersuchen Bildungsbiografien von Nürnberger Jugendlichen

Nürnberg hat noch immer einen vergleichweise hohen Anteil an jungen Menschen, die keine Berufsausbildung haben. Angeregt durch das Bildungsbüro und das Amt für Berufliche Schulen der Stadt Nürnberg haben rund einhundert Studierende des Lehrstuhls für Soziologie und Empirische Sozialforschung an der Universität Erlangen-Nürnberg versucht, mit Hilfe von Befragungen und Netzwerkanalysen darüber Auskunft zu erhalten, wie Betroffene mit ihrer Situation und mit Berufsvorbereitungsmaßnahmen umgehen und was man daran aus der Sicht von Befragten und Experten verbessern könnte.

Die Ergebnisse stellen die Leiter der Untersuchung am Donnerstag, 29. April, um 18.30 Uhr, im Foyer und im Audimax des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Universität Erlangen-Nürnberg, Findelgasse 7/9, Nürnberg, vor. Im Anschluss findet eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der Arbeitsagentur, dem Amt für berufliche Schulen, der ARGE Nürnberg, dem Sozialreferat und dem Staatlichem Schulamt statt. Ausgewählte Ergebnisse stehen dann zum Herunterladen zur Verfügung: www.soziologie.wiso.uni-erlangen.de

Die Studierenden haben Ende 2009/Anfang 2010 insgesamt 386 junge Frauen und Männer ohne Berufsausbildung im Alter bis zu 23 Jahren befragt. Die ehemaligen Schülerinnen und Schüler des Berufsvorbereitungsjahres (BVJ) haben dabei über ihren sozialen Hintergrund, ihre Erwartungen, Hoffnungen und Erfahrungen Auskunft gegeben. Außerdem konnten die Studierenden die Angaben von 781 “Jugendlichen ohne Ausbildung” bzw. “Jugendliche ohne Alternative” (JoA) über ihre Ausbildung und Zukunftsplanungen analysieren, die die Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit 2009 erhoben hatte. Ergänzt wurden die dadurch erzielten Resultate durch intensive Interviews mit Experten und Gruppendiskussionen mit Berufsschülern und Experten.

Das Berufsvorbereitungsjahr erweist sich den Auswertungen zufolge als gewinnbringend: Rund 85 Prozent der Teilnehmer absolvieren das Jahr mit Erfolg, etwa die Hälfte der Absolventen findet direkt im Anschluss einen Ausbildungsplatz. Geschlecht, Lebensalter und Migrationshintergrund der Berufsschüler haben keinen statistisch signifikanten Einfluss auf den Abschluss des Berufsvorbereitungsjahres und den Übertritt in ein Ausbildungsverhältnis. Besonders erfolgreich scheinen jedoch Jugendliche zu sein, die neben der deutschen eine zweite Staatsbürgerschaft besitzen. Außerdem hat die Untersuchung gezeigt, je älter die Absolventen sind, desto seltener finden sie direkt im Anschluss auch einen Ausbildungsplatz. Insgesamt beurteilen die meisten Befragten ihr Berufsvorbereitungsjahr positiv. Dennoch hätten sich 70 Prozent der Schüler von ihren Lehrern mehr Unterstützung bei der Ausbildungsplatzsuche gewünscht.

Schlechter als der bayerische Durchschnitt scheinen Schülerinnen und Schüler der Nürnberger JoA-Klassen abzuschneiden, die z. B. seltener eine Zusage für eine berufsvorbereitende Maßnahme erhalten, dafür aber häufiger regelmäßig arbeiten. Die Stadt Nürnberg setzt allerdings bei der Förderung berufsschulpflichtiger Jugendlicher ohne Ausbildungsplatz viel stärker als andere bayerische Städte auf die (teure) Vollzeitform des Berufsvorbereitungsjahres und weniger auf die Teilzeitform JoA-Klasse mit nur einem Tag Berufsschule pro Woche. Dies führt dazu, dass in Nürnberg die JoA-Klassen vorwiegend von solchen Jugendlichen besucht werden, die tatsächlich kaum eine Chance haben, einen Ausbildungsplatz zu ergattern, etwa Abgänger aus der Hauptschule nach der 6., 7. oder 8. Klasse ohne jeglichen Schulabschluss.

Ein weiterer Schwerpunkt der Studie befasst sich mit der Vernetzung der Einrichtungen des Übergangs Schule-Beruf im Raum Nürnberg. Die Ergebnisse entsprechender Analysen belegen, dass viele dieser Einrichtungen trotz einer gewissen Konkurrenzsituation miteinander Kontakt halten, auch wenn die Zusammenarbeit in ihrer eigenen Wahrnehmung noch verbesserungswürdig ist.

Weitere Informationen für die Medien:

Dr. Reinhard Wittenberg

Tel.: 0911/5302-699

reinhard.wittenberg@wiso.uni-erlangen.de

uni | mediendienst | aktuell Nr. 81/2010 vom 27.04.2010

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