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Bilder zum Fest der ungesäuerten Brote

Jüdische Handschrift der UB für Israelitische Kultusgemeinde Bayreuth

Die Präsentation einer jüdischen Handschrift bei einer Ausstellung in Bayreuth hat dazu geführt, dass die Israelitische Kultusgemeinde der oberfränkischen Stadt nun eine originalgetreue Reproduktion des wertvollen Dokuments erhält, das — wenn es nicht auf Reisen geht — in der Bibliothek der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg aufbewahrt wird. Am Mittwoch, 3. November 2010, übergibt Konstanze Söllner, die Direktorin der Universitätsbibliothek (UB), das Faksimile der Haggadah-Handschrift an den Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Bayreuth, Felix Gothart. Zur Übergabe um 11.00 Uhr im Zimmer der Direktorin, 1. OG, Altbau der Universitätsbibliothek, Universitätsstraße 4 (Eingang: Schuhstraße) in Erlangen sind die Vertreterinnen und Vertreter der Medien herzlich eingeladen.

Haggadah bezeichnet im religiösen jüdischen Leben die Erzählung vom ägyptischen Exil und zugleich eine Handlungsanweisung für den Seder-Abend des Pessachfestes, des Festes der ungesäuerten Brote. Mit dem Faksimile soll die Erinnerung an den Maler Juda Löw Pinchas wachgehalten werden. Pinchas wirkte von 1753 – 1775 in Bayreuth als Hofmaler, stammte aber aus Ansbach. Das Original der Handschrift kam mit der Ansbacher Schlossbibliothek im Jahr 1805 in die Universitätsbibliothek. Bis Ende Oktober war es anlässlich der Ausstellung „250 Jahre Bayreuther Synagoge“ in der Stadt der Wagnerfestspiele zu sehen.

Zehn Plagen, zehn Miniaturen: Der Maler Juda

Löw Pinchas zeigt hier sein eigenständiges

künstlerisches Talent.

Abbildung: UB

Die Ansbacher Haggadah der UB:

Schmuckstück aus dem 18. Jahrhundert

Der Begriff Aggada, der mit „Erzählung“ oder „Sage“ übersetzt werden kann, bezeichnet einen der beiden Pole der antiken rabbinischen Literatur. Die Haggadah (auch Haggadah schel Pessach) nimmt innerhalb der Lehrtradition der Aggada einen besonderen Stellenwert ein. Die Bibel (Ex 13,8f) verpflichtet das Familienoberhaupt, am Seder-Abend die Geschichte vom Exil der Israeliten in Ägypten und von ihrem Auszug in die Freiheit zu erzählen und so das Andenken an den Exodus bei seinen Nachkommen wach zu halten. Diese Erzählungen wurden im Lauf der Zeit mit Legenden, Liedern, Segenssprüchen und volkstümlichen Stoffen ergänzt und ausgeschmückt.

Die Haggadah schel Pessach war über Generationen das vielleicht populärste Werk der jüdischen religiösen Literatur. Eine Vielzahl von Handschriften aus dem 13. bis 15. Jahrhundert überliefert mehr oder weniger voneinander abweichende Varianten dieser Erzähltradition. Häufig sind sie reich illuminiert und in ihrer Bedeutung für die Geschichte der jüdischen Kunst kaum zu überschätzen. Berühmte Handschriften sind etwa die Goldene Haggadah (frühes 14. Jahrhundert), die Kaufmann-Haggadah (spätes 14. Jahrhundert), die Darmstädter Haggadah (15. Jahrhundert) und die Mantuaner Haggadah (16. Jahrhundert).

Die Ansbacher Haggadah stammt aus dem Jahr 1747. Sie ist ganz im Stil und nach dem Muster anderer handgeschriebener Haggadoth ihrer Zeit gestaltet. Wie die gedruckten Haggadoth aus diesen Jahren lehnt sich auch die Ansbacher Handschrift an die Amsterdamer Druckausgaben von 1695 und 1712 an und ahmt neben der Schrift auch deren Technik der Kupferstichillustration nach. Allerdings hielt sich der Schreiber und Maler der Handschrift nicht pedantisch an die Vorlagen, sondern schuf zum Beispiel in der Darstellung der „Zehn Plagen“ durchaus eigenständig eine Serie von Genrebildchen, die seine Meisterschaft auf dem Gebiet der Miniaturmalerei zeigen.

Der Künstler Juda Löw Pinchas: Wilhelmines Protegé

Der Schreiber und Maler der Ansbacher Haggadah ist Juda Löw Pinchas. Er wurde 1727 in Lehrberg bei Ansbach als Sohn des Miniaturmalers Salomon Pinchas geboren. Schon mit 13 Jahren erregte sein künstlerisches Talent als Estherrollenschreiber die Aufmerksamkeit des Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich, der ihm ein Stipendium für seine weitere Ausbildung bewilligte und ihn danach zum Hofmaler ernannte. 1753 wurde er Zweiter Hofmaler in Bayreuth, wo ihn Markgräfin Wilhelmine besonders förderte. Sie empfahl ihn ihrem Bruder Friedrich dem Großen, der ihn nach Berlin berief. Allerdings kehrte Pinchas bereits nach elf Monaten wieder nach Bayreuth zurück. Seit 1775 war er dann wieder in Ansbach als Hofmaler tätig, wo er hoch geachtet im November 1793 starb.

Weitere Informationen für die Medien:

Gisela Glaeser

Tel.: 09131/85-23932

Gisela.Glaeser@bib.uni-erlangen.de

uni | mediendienst | aktuell Nr. 249/2010 vom 27.10.2010

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