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Schulfach Quantenphysik

Zehntklässler experimentieren im Schülerlabor der Universität

“Am Anfang habe ich gar nichts kapiert”, gesteht Laura, während sie an einem Interferometer arbeitet. Gemeinsam mit 14 Klassenkameradinnen und -kameraden experimentiert die Zehntklässlerin im neuen Schülerlabor der Professur für Didaktik der Physik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Prof. Dr. Jan-Peter Meyn und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Patrick Bronner, der das Projekt im Rahmen seiner Promotion betreut, erläutern, wie in Erlangen neue Zugänge zur Quantenphysik für Schulen und Einführungskurse an Universitäten entwickelt werden. Die Robert Bosch Stiftung ermöglichte die Einrichtung und den Betrieb des Schülerlabors zur modernen Optik und eines Quantenoptiklabors für Experimente mit einzelnen Protonen.

Patrick Bronner erklärt zwei Schülerinnen
das Prinzip des Quantenradierers.
Foto: K&P

Die Quantenphysik, die momentan im Schulunterricht behandelt wird, ist auf dem Stand von 1930. “Obwohl es inzwischen ganz andere Erkenntnisse gibt, wird der Unterricht zur Quantenphysik an Gymnasien immer noch an historischen Experimenten aufgezogen”, berichtet Patrick Bronner. Ein neuer Zugang soll Schülerinnen und Schüler nun direkt mit der modernen Wissenschaft in Berührung bringen. Dies erfordert Anfassen und Mitmachen. So soll bei den Jugendlichen die Begeisterung für die Physik geweckt werden, die oft zu den unbeliebten Unterrichtsfächern gehört.

Erster Kooperationspartner ist das Albert-Schweitzer-Gymnasium Erlangen. Die Physiklehrer Holger Baier und Herold Mönch sowie deren Kolleginnen und Kollegen haben spontan zugestimmt, als sie die Anfrage erreichte – und wurden zunächst selbst in einer Fortbildung zur modernen Quantenphysik geschult. Gemeinsam erarbeiteten Wissenschaftler und Lehrkräfte ein Unterrichtskonzept und erprobten dieses an 150 Schülerinnen und Schülern. Diese erarbeiteten sich in einer zehnstündigen Unterrichtseinheit mit Hilfe von interaktiven Bildschirmexperimenten (IBE) die Phänomene der Quantenphysik. “Die IBE sind eine Möglichkeit, teure Experimente aus dem Forschungslabor direkt ins Klassenzimmer zu bringen und sie dort interaktiv durchzuführen. Grundlagen der IBE sind Fotos des experimentellen Aufbaus und reale Messdaten, die in einem Programm verknüpft werden”, erläutert Patrick Bronner. Parallel zur Unterrichtseinheit erarbeiteten sich die Jugendlichen in Kleingruppen eigenständig das Thema Quantenkryptographie. Die Ergebnisse wurden in einer selbst gestalteten Zeitschrift präsentiert.

Charles, Austauschschüler aus Australien,
und sein deutscher Klassenkamerad
Maximilian bauen einen musikalischen
Lichtleiter. Foto: K&P

Im Schülerlabor lernen die Schülerinnen und Schüler an verschiedenen Stationen die experimentellen Grundlagen der modernen Optik kennen. Die praktische Arbeit dauert ca. vier Stunden. Anschließend besuchen die Jugendlichen das Quantenoptiklabor und führen Experimente mit einzelnen Photonen durch. Aufgrund der experimentellen Erfahrungen, die sie im Schülerlabor und im Unterricht mit den IBE gesammelt haben, sind die Schülerinnen und Schüler mit dem Aufbau und den Laborgeräten bereits vertraut.

Die Zehntklässler des Albert-Schweitzer-Gymnasiums haben über das gesamte Projekt zur Quantenphysik ein Lerntagebuch geführt. Von Woche zu Woche, Eintrag zu Eintrag, können die Fortschritte der Jugendlichen nachvollzogen werden. Patrick Bronner wertet die Tagebücher für seine Promotion aus und überprüft daran u. a. die Wirkung des Unterrichtsprojektes.

Lehrkräfte und Wissenschaftler haben eine realistische Sicht auf das Projekt: “Natürlich erreicht man immer nur einen Bruchteil der Jugendlichen. Ein Drittel findet es aber richtig gut und wir bekommen häufig das Feedback, dass es den Schülerinnen und Schülern großen Spaß macht”, erläutert Holger Baier. Prof. Meyn ergänzt, dass die Quantenphysik eine sehr interessante, aber auch sehr schwierige Thematik ist: “Die Jugendlichen sollen begreifen, dass man manche Dinge eben nicht begreifen kann. Wir wollen den Schülerinnen und Schülern anhand der Experimente vermitteln, dass es Unvorhersehbares gibt”. Charles und Maximilian finden es interessant mal an die Universität gehen zu dürfen und sagen, dass sie Quantenphysik viel besser verstehen, wenn sie die Versuche selbst aufbauen können. Auch Laura und Mirthe freuen sich über die Abwechslung im Physikunterricht und ziehen nun sogar ein entsprechendes Studium in Erwägung.

Lehrkräfte können das Schülerlabor direkt buchen. Die Professur für Didaktik der Physik bietet außerdem ganztägige Lehrerfortbildungen zur Quantenphysik an. Ausführliche Informationen erteilt Patrick Bronner und finden sich im Internet unter: www.quantumlab.de

Weitere Informationen für die Medien:

Patrick Bronner

Tel.: 09131/85-28363

patrick.bronner@physik.uni-erlangen.de

uni | mediendienst | aktuell Nr. 59/2009 vom 25.03.2009

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