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Zahnschmelz heilt von ganz allein

Erlanger Chemiker klären auf, wie Biominerale sich selbst regenerieren

Was wäre, wenn sich die zerknautschte Karosserie eines Unfallwagens von ganz allein wieder auseinanderfalten würde? Noch ist das Zukunftsmusik, doch in der Natur gibt es zahlreiche Materialien, die – wenn auch in viel kleineren Dimensionen – über selbstheilende Fähigkeiten verfügen, zum Beispiel menschliche Knochen und Zähne. Forscher um den Physiker Prof. Dr. Dirk Zahn vom Lehrstuhl für Theoretische Chemie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg haben auf molekularer Ebene untersucht, wie Zahnschmelz seine Verformungen von allein heilt. Ihre Forschungsergebnisse haben die Erlanger Wissenschaftler jetzt in der Zeitschrift Angewandte Chemie (Internationale Edition, 122, 2010) veröffentlicht.

Beim Zubeißen und Kauen wird Zahnschmelz enormen Belastungen ausgesetzt. Dabei verformen sich unter dem großem Druck kleine Bereiche der Zahnoberfläche. Diesen Effekt simulierten Professor Zahn und seine Kollegen mithilfe eines Computermodells, das den atomaren Aufbau des Zahnschmelzes nachahmt.

Das Modell zeigt die kristallinen Strukuren des Zahnschmelzes sowie

die Eiweißmoleküle (gelb eingefärbt) (Bild links). Äußerer Druck senk-

recht zur Bildebene bewirkt klar abgegrenzte plas­tische Verformungen

(Bild mitte), die sich selbstständig heilen können (Bild rechts).

Grafik: Dirk Zahn

Sie beobachteten, dass Eiweißmoleküle eine ganz zentrale Rolle bei der Verformung und Selbstheilung des Zahnschmelzes spielen. Die Moleküle sorgen dafür, dass sich die Atome nur in klar abgegrenzten Bereichen des Zahnschmelzes verschieben, andere Regionen hingegen unbeschädigt bleiben. Sobald der äußere Druck nachlässt, wird die Verschiebung der Atome nahe der Eiweißmoleküle wieder rückgängig gemacht, so dass nach einiger Zeit der gesamte Kristall wieder intakt ist. Auf diese Weise stellt der Zahnschmelz seine ursprüngliche Struktur wieder her, heilt sich also ganz von selbst.

„Wir haben hier einen Mechanismus entdeckt, der ein großes Potenzial für die molekulare Forschung birgt“, erklärt Dirk Zahn. „Es wäre großartig, die selbstheilenden Fähigkeiten von Biomineralien auch auf andere Materialien zu übertragen.“

Weitere Informationen für die Medien:

Prof. Dr. Dirk Zahn

Tel.: 09131/85-26938

dirk.zahn@chemie.uni-erlangen.de

uni | mediendienst | forschung Nr. 36/2010 vom 23.12.2010

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